Sonntag, 30. Mai 2010

Wie ein großer Catwalk!

Einigen Damen dürfte die Vorstellung zusagen, jeden Tag wie auf dem roten Teppich zu verbringen, unter den Blicken aller im Blitzlichtgewitter. Aber die anderen, deren Traum weniger der einer Spitzenschauspielerin oder eines Supermodels ist, würden sich von dem Szenario distanzieren.

Dabei handelt es sich nicht um ein schlichtes Szenario.

Frauen stehen unter strenger Beobachtung. Ich spreche weniger davon, wie viele Kommentare ihnen zu Ohren kommen, weil mal ein Kleidungsstück nicht zum anderen passt, sondern ich rede von den ungebetenen und unangenehmen Bemerkungen. Frauen bekommen immer wieder Feedback zu ihrem Aussehen.
Während einige sich über Blicke und Kommentare, die auch einmal unter die Gürtellinie gehen, freuen, fühlen andere sich davon belästigt und ziehen es vor, vor die Tür gehen zu können, ohne sich unter ständiger Beobachtung zu wissen.
Es geht dabei um subtile Gesten. Blicke können durchaus belästigend oder anzüglich sein. Frauen in Hinsicht darauf vorzuschlagen, sich eine dickere Haut zuzulegen, setzt an der falschen Stelle an. Es verkennt, dass ihnen, als Ziel der männlichen Begierde, das Recht abgesprochen wird, sich frei jeder Objektifizierung in der Öffentlichkeit zu bewegen.

Im Allgemeinen sollte jeder Mensch Sorge dafür tragen, dass seine Handlungen anderer Leute Grenzen nicht verletzen. Genau so, wie man wegsieht, wenn einem der Blick eines Fremden in öffentlichen Verkehrsmitteln begegnet -umso schneller, wenn man diese/n gerade betrachtet hat- weil man nicht aufdringlich erscheinen will, sollte man bedenken, wie es sich anfühlt (oder anfühlen könnte), von Kopf bis Fuß gemustert zu werden.
Man kann davon ausgehen, dass Personen, die einem auffallen, auch anderen auffallen. Der nächste Schritt ist, sich vorzustellen wie es auf einen wirkt, wenn man den ganzen Tag von anderen angestarrt wird, obwohl man sich nur um seine Angelegenheiten kümmert. Wenn ich mir die Nase breche und tagelang deswegen einen Gips tragen muss, ziehe ich es auch vor, nicht von jedem daran erinnert zu werden, dass das ungewöhnlich aussieht.
Ein weiterer Grund, sich die Wirkung seiner Blicke bewusst zu machen: Nach dem "Ich darf was und wen anschauen, wie lange ich will" kommt, "ich hab' doch nur mal kurz einen Klaps auf den Hintern gegeben". Und danach im halbtrunkenen Zustand "Ich hab' ihr doch nur 'n Küsschen gegeben". Für "sie" ist das erzwungener und ungewollter Körperkontakt, aber "es war ja nur Spaß".
Diese Mentalität, dass man sich über die Grenzen von anderen hinwegsetzen kann, nur weil sie sich nicht ausreichend laut oder stark dagegen gewehrt oder ausgesprochen haben, ist ignorant und anmaßend. Frauen haben nicht die Pflicht, konstant zu äußern, was ihnen angenehm ist und was nicht. Es ist die Pflicht eines jeden, einzuschätzen, was anderen gegenüber unhöflich ist. Sich damit aus der Affäre zu winden, dass man "ja nicht wusste" funktioniert nicht, denn dafür wurde dem Menschen die Fähigkeit gegeben, Fragen zu formulieren.
Kein Dieb käme mit der Ausrede davon, dass der Besitzer des Diebesguts nicht ausdrücklich gesagt hat, dass er das gerne weiterhin behalten würde. (Ein leider schwammiger Vergleich, aber ich hoffe, der Punkt ist verständlich.)
Warum kommen dann aber Männer, die Frauen gegenüber anzügliche Kommentare machen oder sie begrapschen, damit davon, dass "es sie nicht zu stören schien". Der weibliche Körper ist kein Selbstbedienungsladen, sondern -man mag es nicht glauben- der Körper einer Person, die ihre eigenen Entscheidungen fällt und sich niemandes Instinkthandlungen ergeben muss.
Die Geisteshaltung, die weibliche Sexualität müsste irgendwie unter der Verfügungsgewalt von Männern stehen, sieht man auch in Reaktionen auf eine Ablehnung; es gibt Männer, die wütend werden oder eine Frau gar "Schlampe" nennen, "frigide" oder "verklemmt", wenn diese nicht auf ihre Avancen eingeht.
Dahinter steht der Gedanke, diese Männer hätten irgendeine Art von Anrecht auf weibliche Aufmerksamkeit. Natürlich ist das falsch. Aber auch in Pornos wird das -logischerweise- transportiert. Ich bin nicht generell gegen Pornographie (solange sie durch einwilligungsfähige Erwachsene produziert wird), aber ich sehe nicht ein, dass Frauen sich darin wie Zirkusaffen verbiegen müssen, nur damit der -vermutlich männliche- Zuschauer sich wie ein geiler Hengst vorkommt. Die gespielte weibliche Erregung ist dabei lächerlich bis unerfreulich. Es sollte jeder, der sich das ansieht, zu ausreichend Reflexion fähig sein, um zu erkennen, dass Sex, und eine Beziehung an sich, so nicht ablaufen. In vielen Fällen nicht ablaufen dürfen. Leider bin ich mir dessen nicht sicher.

Alle gegeben Beispiele laufen dabei nur auf eines hinaus: Feminismus ist noch lange nicht obsolet geworden.

Zweisatz

Aktuelle Beiträge

Böse Männer sind auch...
Alien 3 kenne ich nicht, aber die Masche mit der einen...
Mia (Gast) - 8. Jul, 23:28
"Filme und Medien spiegeln...
"Filme und Medien spiegeln nur die Ansichten der Gesellschaft...
Zweisatz - 6. Jun, 20:44
Die Serie Orphan black...
Die Serie Orphan black ist ein Beispiel, dass es nicht...
Anna (Gast) - 6. Jun, 17:25
Leicht ist es nicht
Ich und zwei meiner Kolleginnen haben im Februar auch...
Onyx (Gast) - 31. Mai, 17:32
endlich
Bin froh, dass auch anderen der Sexismus in der Serie...
Jup (Gast) - 22. Jan, 01:09

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 5116 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 8. Jul, 23:28

Credits