Samstag, 12. November 2011

How I Met Your Mother

Eine der Serien, die ich regelmäßig sehe, wenn mir denn gerade ein Fernseher zur Verfügung steht, ist How I met your mother oder, der Einfachheit halber, HIMYM.
Mir gefällt dabei die liebevolle Beziehung zwischen Marshall und Lily, manchmal Barneys Art in seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung, und natürlich allgemein der Humor der Serie ... bis zu einem gewissen Grad.
Denn so gerne ich behaupten können würde, dass die Serie mehr oder weniger makellos ist (bis auf die Tatsache, dass man ewig hingehalten wird, bis man erfährt, wie Ted denn nun die Mutter seiner Kinder kennen gelernt hat) kann ich mich mit einigen Aspekten nicht anfreunden, die im Großen und Ganzen die gesellschaftliche Realität widerspiegeln.

Beginnen wir exemplarisch mit einem interessanten Phänomen: Barney ist meist gerade dabei, irgendeine oder mehrere Frauen abzuschleppen. Er ist sofort als Frauenaufreißer durchschaubar, bei dem etwas im Argen liegt, der keine Skrupel hat, seine temporären Partnerinnen mit den wildesten Geschichten ins Bett zu kriegen und nach dem Sex recht herzlos loszuwerden, aber eines ist für die Zuschauer_innen sofort klar: er sucht weder eine längere Beziehung, noch Liebe, also auf jeden Fall keine tiefer gehendes Verhältnis zu den Frauen.
Ted hingegen ist immer auf der Suche nach einer Beziehung, oftmals wird sein Wunsch nach "wahrer Liebe" erwähnt und wenn er eine Frau näher kennen lernt, versteht es sich sozusagen von selbst, dass er vorhat, sich länger an sie zu binden.
Das heißt also Barney = herzlos = böse und Ted = romantisch = gut nach gewissen gesellschaftlichen Konventionen, richtig?
Das Problem ist nur, dass man den Eindruck gewinnt, dass Ted einen nahezu gleichen Frauenverschleiß hat wie Barney.
Er lernt sie kennen, er "verliert" sie wieder, nur dass er sich meiner Ansicht nach oftmals einfach unentschuldbar verhält.
Manchmal scheint er nicht weniger oberflächlich als Barney zu sein.

In einer Folge zum Beispiel geht es darum, dass Ted eine Frau, die "einfach für ihn bestimmt ist", becircen will, bevor es ein anderer tut. Denn sie hat sich vor Kurzem getrennt und nach all ihren letzten Trennungen hat er sich bei ihr gemeldet, um sie zu trösten und zufälligerweise auch zu seiner Freundin zu machen (riecht hier noch wer Nice Guy™?), aber immer kam er zu spät.
Das Bild, was dabei von ihr gezeichnet wird, ist mit "dürftig" noch nett beschrieben. Es ist nicht klar, was sie tut, woher sie sich kennen (außer "länger"), wie ihre gemeinsame Geschichte aussieht oder ob sie überhaupt (eigentlich das Wichtigste) das gleiche Interesse an ihm hat wie er an ihr.
Sie wird jedoch so porträtiert, als täte sie sich in kürzester Zeit nach einer Trennung sofort mit dem erstbesten Mann zusammen, der ihr über den Weg läuft.
Zugegebenermaßen scheint sie auch jeweils glücklich mit diesem zu sein -meist mehrere Jahre- aber der Kampf, der in dieser Folge zwischen Ted ("Liebe"), Barney (Sex) und einem ihrer Kollegen ("Liebe") nach der neuerlichen Trennung um sie entbrennt, ist lächerlich und unwürdig – vor allem, wenn man es aus ihrer Perspektive betrachtet.
Denn es geht in dieser Episode nur darum, mit welchem der drei Männer sie zuerst ausführlich redet. Es wird impliziert, dass der dann auch ihr neuer Partner sein wird. Das wird nicht in Frage gestellt. Und das finde ich wirklich gruselig, weil die Frau, um die es geht, offensichtlich keinerlei Präferenzen, keine No-Gos, keinerlei eigenen Willen hat, wenn es um die Wahl ihres nächsten Partners geht. Wie kann es sonst sein, dass der erste, der bei ihr landet dann auf jeden Fall ... bei ihr landet?
Sie ist hier die willen- und agendalose Trophäe, die dem Mann zuerkannt wird, der sich am meisten "bemüht" und damit das "Recht" gewinnt, ihre Aufmerksamkeit für die nächsten x Jahre (oder im Falle Barneys x Stunden) zu beanspruchen.
Letztendlich gewinnt der Kollege, sie Leben glücklich ever after, die Dame hat immer noch keinen Charakter. Yay.

Bei der ganzen Farce handelt es sich unter anderem um ein Problem von HIMYM an sich; die Macher_innen haben die Story so konzipiert, dass man sich mit Ted identifizieren soll, aber wenn man hunderte Folgen produziert und er in jeder dritten eine neue "ewige und große Liebe" kennen lernt, die er angeblich heiraten will, wirkt das einfach, als wäre er zu keinem Bisschen Selbstreflektion fähig.

Das, was mich an der Serie stört, ist aber auch Ausdruck dessen, was mich an der Gesellschaft allgemein stört: die Normalität von sexistischen Witzen, die Normierung von Äußerlichkeiten und Bestrafung von "Hässlichkeit", die immer gleichen Hauptakteure (weder divers in (Nicht-) Behinderung, Sexualität oder Herkunft) und der allgemein heuchlerische Umgang mit "Liebe" und "Romantik".
Ich würde Marshall und Lily durchaus als ein nettes Paar beschreiben, aber mit Teds Bemühungen kann ich einfach nicht sympathisieren, weil er mir zu oberflächlich, unehrlich und falsch vorgeht.

Besonders große Schwierigkeiten hat HIMYM offensichtlich dabei, Frauen, die nicht zu den beiden Hauptakteurinnen (Robin und Lily) gehören, tatsächlich als menschliche Wesen darzustellen, die zu mehr als einer Reaktion zwischen "hysterisch", "unerklärlich aggressiv", "einfach durchgeknallt" oder "uninteressant, weil hässlich/alleinerziehend/zu alt, ..." fähig sind.
Was am Ende bleibt, ist der Humor, der es zunehmend weniger fertig bringt, das verblassen zu lassen, weswegen ich HIMYM sonst abhaken würde.

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