Montag, 7. Juni 2010

03 Zitat der Woche 23

And let's get this out of the way first: if you are a feminist worth your weight in bras to burn, you do not use the word "whore."

[Ich paraphrasiere der besseren Lesbarkeit halber: Feministen/innen, die ihr Gewicht in BHs, die man verbrennen kann, wert sind, benutzen nicht das Wort "Hure"]
Gayle Force in Unnatural Forces

Sonntag, 30. Mai 2010

Wie ein großer Catwalk!

Einigen Damen dürfte die Vorstellung zusagen, jeden Tag wie auf dem roten Teppich zu verbringen, unter den Blicken aller im Blitzlichtgewitter. Aber die anderen, deren Traum weniger der einer Spitzenschauspielerin oder eines Supermodels ist, würden sich von dem Szenario distanzieren.

Dabei handelt es sich nicht um ein schlichtes Szenario.

Frauen stehen unter strenger Beobachtung. Ich spreche weniger davon, wie viele Kommentare ihnen zu Ohren kommen, weil mal ein Kleidungsstück nicht zum anderen passt, sondern ich rede von den ungebetenen und unangenehmen Bemerkungen. Frauen bekommen immer wieder Feedback zu ihrem Aussehen.
Während einige sich über Blicke und Kommentare, die auch einmal unter die Gürtellinie gehen, freuen, fühlen andere sich davon belästigt und ziehen es vor, vor die Tür gehen zu können, ohne sich unter ständiger Beobachtung zu wissen.
Es geht dabei um subtile Gesten. Blicke können durchaus belästigend oder anzüglich sein. Frauen in Hinsicht darauf vorzuschlagen, sich eine dickere Haut zuzulegen, setzt an der falschen Stelle an. Es verkennt, dass ihnen, als Ziel der männlichen Begierde, das Recht abgesprochen wird, sich frei jeder Objektifizierung in der Öffentlichkeit zu bewegen.

Im Allgemeinen sollte jeder Mensch Sorge dafür tragen, dass seine Handlungen anderer Leute Grenzen nicht verletzen. Genau so, wie man wegsieht, wenn einem der Blick eines Fremden in öffentlichen Verkehrsmitteln begegnet -umso schneller, wenn man diese/n gerade betrachtet hat- weil man nicht aufdringlich erscheinen will, sollte man bedenken, wie es sich anfühlt (oder anfühlen könnte), von Kopf bis Fuß gemustert zu werden.
Man kann davon ausgehen, dass Personen, die einem auffallen, auch anderen auffallen. Der nächste Schritt ist, sich vorzustellen wie es auf einen wirkt, wenn man den ganzen Tag von anderen angestarrt wird, obwohl man sich nur um seine Angelegenheiten kümmert. Wenn ich mir die Nase breche und tagelang deswegen einen Gips tragen muss, ziehe ich es auch vor, nicht von jedem daran erinnert zu werden, dass das ungewöhnlich aussieht.
Ein weiterer Grund, sich die Wirkung seiner Blicke bewusst zu machen: Nach dem "Ich darf was und wen anschauen, wie lange ich will" kommt, "ich hab' doch nur mal kurz einen Klaps auf den Hintern gegeben". Und danach im halbtrunkenen Zustand "Ich hab' ihr doch nur 'n Küsschen gegeben". Für "sie" ist das erzwungener und ungewollter Körperkontakt, aber "es war ja nur Spaß".
Diese Mentalität, dass man sich über die Grenzen von anderen hinwegsetzen kann, nur weil sie sich nicht ausreichend laut oder stark dagegen gewehrt oder ausgesprochen haben, ist ignorant und anmaßend. Frauen haben nicht die Pflicht, konstant zu äußern, was ihnen angenehm ist und was nicht. Es ist die Pflicht eines jeden, einzuschätzen, was anderen gegenüber unhöflich ist. Sich damit aus der Affäre zu winden, dass man "ja nicht wusste" funktioniert nicht, denn dafür wurde dem Menschen die Fähigkeit gegeben, Fragen zu formulieren.
Kein Dieb käme mit der Ausrede davon, dass der Besitzer des Diebesguts nicht ausdrücklich gesagt hat, dass er das gerne weiterhin behalten würde. (Ein leider schwammiger Vergleich, aber ich hoffe, der Punkt ist verständlich.)
Warum kommen dann aber Männer, die Frauen gegenüber anzügliche Kommentare machen oder sie begrapschen, damit davon, dass "es sie nicht zu stören schien". Der weibliche Körper ist kein Selbstbedienungsladen, sondern -man mag es nicht glauben- der Körper einer Person, die ihre eigenen Entscheidungen fällt und sich niemandes Instinkthandlungen ergeben muss.
Die Geisteshaltung, die weibliche Sexualität müsste irgendwie unter der Verfügungsgewalt von Männern stehen, sieht man auch in Reaktionen auf eine Ablehnung; es gibt Männer, die wütend werden oder eine Frau gar "Schlampe" nennen, "frigide" oder "verklemmt", wenn diese nicht auf ihre Avancen eingeht.
Dahinter steht der Gedanke, diese Männer hätten irgendeine Art von Anrecht auf weibliche Aufmerksamkeit. Natürlich ist das falsch. Aber auch in Pornos wird das -logischerweise- transportiert. Ich bin nicht generell gegen Pornographie (solange sie durch einwilligungsfähige Erwachsene produziert wird), aber ich sehe nicht ein, dass Frauen sich darin wie Zirkusaffen verbiegen müssen, nur damit der -vermutlich männliche- Zuschauer sich wie ein geiler Hengst vorkommt. Die gespielte weibliche Erregung ist dabei lächerlich bis unerfreulich. Es sollte jeder, der sich das ansieht, zu ausreichend Reflexion fähig sein, um zu erkennen, dass Sex, und eine Beziehung an sich, so nicht ablaufen. In vielen Fällen nicht ablaufen dürfen. Leider bin ich mir dessen nicht sicher.

Alle gegeben Beispiele laufen dabei nur auf eines hinaus: Feminismus ist noch lange nicht obsolet geworden.

Zweisatz

Freitag, 21. Mai 2010

02 Zitat der Woche 20

If you are unable to critically examine my statements and arguments because I use swears, that’s a problem with your ability to listen, not my ability to speak. If you can’t listen to an argument unless I smooth back your hair, whisper delicately in your ear, and assure you that really I am not very angry and here I will hold your hand and sing gently while I say such difficult things, you’re not actually looking to listen to anybody.

[Wenn du unfähig bist meine Aussagen und Argumente kritisch zu betrachten, weil ich Schimpfworte benutze, dann ist das ein Mangel deiner Fähigkeit zuzuhören, nicht der meinen zu sprechen. Wenn du einem Argument nicht folgen kannst, wenn ich nicht dein Haar zurückstreiche, zart in dein Ohr flüstere und dir versichere, dass ich wirklich nicht sehr wütend bin und hier, ich werde deine Hand halten und sanft singen, während ich solche schwierigen Sachen sage, dann strebst du nicht wirklich danach irgendjemandem zuzuhören.]
Harriet J in fugitivus

Montag, 17. Mai 2010

Kino in Zeiten der Gleichheit

Kennen Sie das auch? Sie wachen auf und die Frisur sitzt. Das Make-up ist dezent aufgetragen und ihr jugendlicher Körper schwingt sich aus dem Bett. Die Beine sind rasiert, aber Sie gehen trotz allem noch einmal duschen. Das ist sexy. Zähne putzen ist nicht nötig - ein Zahnpasta verschmierter Mund ruiniert Ihren unglaublichen Auftritt. Sie setzen sich halbnackt an den Frühstückstisch und Ihr Schatz begrüßt Sie. Während die Sonne gerade über der Stadt aufgeht, essen Sie die ersten frischen Croissants.

So verläuft es nicht? Das wissen wir wohl alle, aber Kino und Werbung wiederholen es, immer und immer wieder. Die Schilderung oben sticht dabei bereits heraus, denn der erzählerische Schwerpunkt liegt selten auf der Perspektive der Frau. Man sollte meinen, es sei heutzutage anders, aber viel zu wenige Filme bestehen den Bechdel-Test. Kennen Sie nicht? Also ein kurzer Abriss darüber, was auch auf der informativen Seite bechdeltest.com nachzulesen ist:
· In dem Film spielen mindestens zwei Frauen mit*
· Die miteinander sprechen
· Über etwas anderes als einen Mann.
*Vorzugsweise namentlich genannt.

Der erste Punkt wurde nicht klarer definiert, aber stellen wir uns vor, es wird eine Szene eingeblendet, in der zwei völlig unbekannte Frauen sich unterhalten, weil

a) eine Frau etwas bei einer Kassiererin einkauft
b) sie auf der Straße über das Wetter sprechen

und das ist nur ein Intermezzo gegenüber der Haupthandlung.
Im Sinne des Tests wäre es nicht. Wenn man Filme bezüglich dieser Kriterien beleuchtet und sie den Test bestehen, heißt das natürlich nicht automatisch, dass sie gut sind oder in irgendeiner Hinsicht feministisch. Aber es lohnt sich, einmal nachzudenken, wann man das letzte Mal einen Film gesehen hat, der den Test besteht.

Ich war gestern im "Kabinett des Dr. Parnassus". Es gibt nur eine Frau (Mädchen), die namentlich bekannt ist. Damit ist nicht einmal Kriterium eins erfüllt. Wenn man die Regeln sehr lose anwendet, könnte man behaupten, die Punkte wären vollständig vorhanden, da einige Frauen sich darüber streiten, wer als erstes das Kabinett betreten darf. Aber sie sind weniger Nebencharaktäre, als einfach Komparsen und erfüllen im Film die Funktion, deutlich zu machen, dass das Kabinett nach einer Durststrecke wieder Kundschaft hat. Nämlich diese Frauen.
"Sherlock Holmes" sah ich vor ein paar Wochen. Es gibt zwei Protagonistinnen, die namentlich bekannt sind. Wenn ich mich recht entsinne, begegnen sie sich nie. Darüberhinaus sind sie als Objekt der Begierde von Sherlock Holmes und Dr.Watson einkalkuliert.
"Shutter Island". Zwei Frauen werden eingeführt; die tote Gattin der Hauptfigur und eine Ärztin, die einmal auf der Insel arbeitete. Aufgrund der Unanimität der ersten, ist leicht abzuschätzen, dass nie ein Gespräch zwischen ihnen stattfindet.
Bleibt "The Chaser", ein koreanischer Film über einen Mann, der Prostituierte in sein Haus einlädt, um sie dann zu Tode zu quälen und sie in verschiedenen Variationen zu zerteilen und ihre Körperteile bspw. im Aquarium zu drapieren. Einen Moment bin ich dem irrtümlichen Glauben erlegen, es hätte sich eine entsprechende Konversation ereignet, aber als das frisch entkommene Opfer sich an eine Ladeninhaberin wendet, fehlt das eine Indiz: man kennt nur den Namen der Prostituierten, die Ladenbesitzerin ist, wie die Frauen bei Dr. Parnassus, mehr als Requisite zu betrachten. Sie hat keinen Namen, sie taucht nur kurz auf und ihre Aufgabe ist es, der Handlung eine Wende zu geben.
Eine abschließende gedankliche Überprüfung: finden sich in den Filmen zwei namentlich genannte Männer, die sich über etwas anderes als eine Frau unterhalten? In allen vier Fällen lautet die Antwort "Ja".

Von diesen vier Filmen also, die ich gesehen habe, besteht keiner den Test. Zufall? Ich denke nicht.
Die meisten Filme haben üblicherweise männliche Hauptfiguren, deren Leben, Emotionen, Charakter beleuchtet wird. Frauen bleiben dabei oft eindimensional oder haben die Aufgabe, wenn sie sich äußern, über die Hauptfigur zu sprechen.
Darin zeigt sich eine Scheu, den weiblichen Blickwinkel zu beleuchten (abseits von den Gedanken um einen Mann). Wenn ein Film mehr als eine weibliche Hauptfigur hat -oder nur eine- wird er schnell als "Frauenfilm" beschrieben und damit als unsehbar eingestuft, kitschig, nicht ernst zu nehmen.
Das mag zum einen daran liegen, dass solche Filme sich zuweilen tatsächlich in Klischees suhlen. Zum anderen ist diese Einstellung aber ignorant. Denn das bedeutet, dass ein männlicher Hauptcharakter für alle sprechen kann (denn die meisten dieser Filme werden von Männern und Frauen gesehen) und auch Frauen sich mit ihm identifizieren müssen können, aber Frauen können immer nur für sich selbst, oder zumindest ihr eigenes Geschlecht, sprechen.
Schaut man auf die Ursachen, beruht es u.A. auf Klischees über die charakterlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Frauen werden als die sensitiven, die mütterlichen, die entscheidungsscheuen in Filmen dargestellt und bleiben damit auf ewig die enervierend kreischenden Opfer in den Mörder- und Zombiefilmen, die sich gebärden, als könnte man einen Angreifer in die Flucht schlagen, wenn man ausreichend laut heult. Diese Figuren sind nicht deswegen unsympathisch, weil sie sich dumm verhalten (auch), sondern weil sie sich unrealistisch verhalten. Aber das ist nötig, weil sie sonst nicht gerettet werden könnten. Und mit jeder dieser Rettungsaktionen wird ein weiteres Männerego gestreichelt und eine weitere Frau überzeugt, dass es klug sei, sich immer wie die letzte hilflose Stilettoträgerin aufzuführen.
Durch die Stigmatisierung der "Frauenfilme", weil es offensichtlich wenige ausgewogene Darstellungen gibt, die Frauen als komplette Menschen zeigen, bleibt auch den Männern, die sich gerne solche Produktionen ansehen, gesellschaftliche Akzeptanz verwehrt. Es gilt als "verweichlicht". Diese mutwillige Trennung von "weiblichen" und "männlichen" Charaktereigenschaften und Interessen schränkt alle ein.

An der Stelle verlinke ich noch auf eine Seite, die die Stellung der Frau im Film weiter verdeutlicht. Man hat sich hier die Mühe gemacht, eine Liste zu erstellen, in wie vielen Filmen, die letztens erschienen sind, das Wort man vorkommt (im Sinne von "Mann", nicht "Mensch") und wie viele woman in ihrem Titel tragen.
Manch einer wird sich wundern, dass man girl und wife separat erwähnt. Der einfache Grund liegt darin, dass Mädchen nicht so einschüchternd wirken, wie eine Frau. Sie lassen sich noch formen und bevormunden, weswegen man vor dem erwachsenen Exemplar zurückgeschreckt. Wenn man Frauen als "Mädchen" bezeichnet, entmündigt man sie ein Stück und macht sie weniger Angst einflößend, weil scheinbar besser zu beeinflussen. Damit sind diese Titel keineswegs zu den Positivbeispielen zu zählen.
Genauso steht "Ehefrau" separat. Hier wird die Frau nicht über sich selbst definiert, sondern dadurch, wessen (Mannes) Anhängsel sie ist.
Die Seite: nymag.
Das Endergebnis lautet:
man: 43
gegenüber
woman: 6
girl/wife: 18.
Wow. Ein trauriges Ergebnis.


Zweisatz

Donnerstag, 13. Mai 2010

Genug von den Ahnungslosen

In meinem Besitz befindet sich ein feines Programm, mit dem man üben kann, schneller zu tippen. Gerade bin ich dabei, ein anderes Tastaturlayout zu erlernen. Aber das ist nicht das Problem; selbstverständlich bekommt man Texte angezeigt, die niedergeschrieben werden sollen. Und diese Texte zeigen sehr schön, dass sie
  • von einem Mann verfasst wurden
  • wie unsere Gesellschaft tickt
Ich musste leider meine Übung unterbrechen*, weil diese so absurd sind.
Sie handeln also davon, wie vielfältige männliche Charaktere kluge Dinge tun, zum Beispiel Mathematik lernen. Die Frauen finden hingegen nur insofern Erwähnung, als sie entweder mit ihrem Gewicht beschäftigt sind oder als Objekt der Begierde (noch relativ logisch, es handelt sich wohl um einen heterosexuellen Autor) auftreten. Und es (sie) ist so hübsch und so süß. Warum nicht intelligent, geistreich, witzig, begabt? Warum keine Liebhaberin von Motorrädern, Kunst, dem Physikunterricht? Wohl deswegen, weil Frauen in unseren Medien oftmals als Accessoires dargestellt werden. Ihre Intelligenz trägt dabei weniger zum männlichen Status bei (sie könnten widersprechen oder eine eigene Persönlichkeit haben!), als gutes Aussehen. Nein danke, reden muss man dafür nicht.
Das Gleiche erlebe ich oft, wenn ich Übungstexte und Beispielsätze für Fremdsprachen vor mir habe, die illustrieren, dass ein Mädchen das schönste, das hübscheste ist, aber ein Junge kann praktisch alles sein.
Man könnte einwenden, dass das nur ein paar Beispiele sind, aber gerade dort liegt das Problem: wenn das erste, was mir zu Frauen einfällt, ihre Erscheinung ist, ist es unwahrscheinlich, dass ich die unzähligen Aspekte ihrer Persönlichkeit zu schätzen weiß.
Werfen wir ein kurzen Blick in die Politik. Ihr Ziel ist es nicht, auf der Bühne möglichst gut auszusehen. Es gibt genug Politiker, die in keinem Modemagazin auftauchen würden. Aber wenn eine Frau in der Männerdomäne für einen höheren Posten kandidiert (was, neben Affären mit Männern, die einzige Möglichkeit ist, Aufmerksamkeit zu erlangen) oder solch eine Stelle bereits bekleidet, wird man oft genug Bemerkungen über ihr Äußeres hören und lesen. Sicher, Angela Merkel erfüllt die wenigsten Schönheitsideale, aber welchen Einfluss soll das auf ihre Arbeit haben? Warum kommentiert man nicht, dass sie dieses Land regiert, indem sie nie Stellung bezieht? Es geschieht einfach nicht, dass in jedem zweiten Artikel über Roland Koch angegeben wird, wie viel er gerade wiegt. Es interessiert schlicht keinen. Es ist der Berichterstattung (darf man das bei der BILD so nennen?) über Frauen vorbehalten, ihre Kompetenz zu unterstreichen, indem man gutes Aussehen hervorhebt oder in Frage zu stellen, indem man versucht, sie lächerlich zu machen durch das Herausstreichen von Makeln.
Ähnliches, aber nicht Gleiches, erfahren nur Westerwelle oder Wowereit, die sich ihre sexuelle Orientierung vorhalten lassen müssen. Durch ihre Homosexualität sind sie ebenfalls zum Abschuss freigegeben, weil das doch so lächerlich ist. Ein Mann, der nicht auf Frauen steht. Haha!
All das zeigt die Huldigung, die dem männlichen, weißen, Heterosexuellen in der heutigen Gesellschaft gilt.

Erst wenn Menschen ausnahmslos auf Grundlage ihrer Taten und ihrer Persönlichkeit eingeschätzt werden, haben sich die Verhältnisse gebührend verbessert.

*Wie sich herausstellt, war das keine gute Idee. Jetzt muss ich das alles noch einmal lesen.

Zweisatz

Samstag, 8. Mai 2010

Befürworten Sie etwa Kindesmissbrauch?

Solch eine oder ähnliche Fragen kann man zu hören bekommen, wenn den Verteidigern von Internetsperren die Argumente ausgehen. Denn wer will schon als verdeckter Sympathisant von Sexualstraftätern betrachtet werden?
Es gibt aber eine lange Liste von Bedenken gegen die Sperren, über die zu sprechen man sich nicht verleiden lassen sollte.

Kindesmissbrauch ist schrecklich, ohne Frage. Aber während man sich Interviews mit Politikern wie Cecilia Malmström durchliest, der EU-Kommissarin für Innenpolitik, kann man schnell den Eindruck gewinnen, es ginge ihnen gar nicht um den Schutz von Kindern vor sexuellen Übergriffen und Misshandlungen. Die Kommissarin hatte die Forderung nach Internetsperren auf EU-Ebene erhoben und verteidigt sie gegen alle Argumente.
Im besten Falle scheinen diese Politiker auf ihre politische Karriere zu schielen, im schlechtesten Falle treiben andere Motive die Forderungen an.
Dieser Eindruck verstärkt sich, je stärker man sich mit den Kritikpunkten auseinandersetzt.

Es beginnt mit der Technik der DNS-Sperren, die zum Einsatz kommen sollen. BR-online zeigt anschaulich, dass deren Umgehung für jeden, ohne großes Fachwissen, möglich ist. Die entsprechende Software und Anleitungen gibt es kostenlos im Internet. Dies ist der Politik bewusst, aber mit dem Argument, man müsse eben "etwas" tun und dem Klassiker "die armen, armen Kinder" beharrt man weiter auf den anvisierten Maßnahmen.
Dass Löschen effektiver wäre, wird etwa von Malmström im FAZ-Interview damit beiseite geschoben, dass "viele dieser Seiten ... außerhalb der EU und sogar außerhalb jener Staaten, mit denen wir normalerweise kooperieren" lägen. Das ist falsch. Auf einen Einwurf hin, gibt sie das im nächsten Absatz auch prompt zu. Die meisten Seiten finden sich auf US-amerikanischen Servern [6]. Problematisch dabei ist lediglich, dass die USA sehr schleppend löschen, sind ihnen die entsprechenden Seiten bereits durch Meldungen von anderen Ländern bekannt. Es wäre demnach effektiver, die Zusammenarbeit mit den USA zu verbessern und deren Löschbemühungen zu verstärken.
Auf die Kritik hin, dass die Technik, die für die "Zugangserschwerung" benötigt wird, eine Zensurinfrastruktur errichten wird, die ebenso für das Sperren anderer Inhalte genutzt werden kann, folgen Beteuerungen. Man habe ausschließlich vor, den Zugang zu Seiten zu erschweren, die kinderpornographisches Material anböten. Dies wirkt in Verbindung mit einem anderen Argument für die Sperren wie ein Insider-Witz; Innenminister de Maizière befleißigt sich des beliebten Scheinarguments, dass viele andere Länder doch schon sperren würden, "auch solche mit einer langen liberalen Tradition wie in Skandinavien."
Schauen wir uns doch einmal die anderen Länder und ihre vorbildliche Umsetzung der Sperren an; England sperrt illegale Musik-Tauschbörsen, Dänemark Internetangebote für Glücksspiel, Italien die ganz wichtigen Ziele im Kampf gegen Kinderpornographie - Seiten, die Zigaretten verkaufen oder gegen die Machenschaften der Mafia vorgehen wollen. Australien hat sich wohl gedacht: 'Ganz oder gar nicht'. Seine Sperrvorhaben erstrecken sich auf alles Mögliche, das "jugendgefährdende Inhalte" verbreitet. Darunter auch Glücksspiel und "Anleitungen zu Kriminalität und Drogenkonsum".
Ein weiterer Kritikpunkt führt die Sperren ad absurdum (zumindest, wenn man mal annimmt, sie sollten der Bekämpfung von Kinderpornographie dienen): das meiste kinderpornographische Material befindet sich nicht auf frei zugänglichen Internetseiten, sondern wird per Peer-to-Peer Programmen weiter verbreitet, also auf Internet-Tauschbörsen. Dabei werden die Dateien direkt von anderen Nutzern geladen. Diese Praxis wird von Sperren in keiner Weise tangiert. Der Pressesprecher des Internetanbieters 1&1, Andreas Maurer, weist darauf hin, dass, neben Tauschbörsen, per Handy oder auch per Post getauscht wird. Vielleicht sollten wir einfach ein großes rotes Stoppschild vor Postschalter und öffentliche Briefkästen hängen.
Nicht zuletzt scheinen die Befürchtungen, die Unterhaltungsindustrie würde sich der Infrastruktur gerne bemächtigen, begründet, seit EU-Abgeordneter Christian Engström berichtete, dass ein Anwalt der Musiklobby 2007 gesagt habe, "dass Kinderpornos "großartig" seien, da man über sie Politiker zur Einführung von Netzsperren bewegen könne."
Demnach kann man, wenn sich zeigt, dass die eingeführten Sperren leicht zu umgehen sind (was jetzt schon feststeht), invasivere Verfahren anwenden, wie die deep packet inspection, die bereits in Großbritannien getestet wird.
Dabei handelt es sich nicht um das Äquivalent zur Aufzeichnung von Verbindungsdaten, wie es bereits in Deutschland durch die Vorratsdatenspeicherung bekannt ist, sondern entspricht dem Vorgehen, den Inhalt von Telefongesprächen gleich mitzuschneiden. Denn bei dem Verfahren werden Inhalte von elektronischen Nachrichten ebenfalls analysiert. Schöner neuer Datenschutz.
Sehr delikat ist auch, wie die Sperrpläne in der EU durchgesetzt werden sollen. Mit 300.000€ finanziert man Lobbyarbeit, um die Abgeordneten zu überzeugen, für Malmströms Vorschlag zu stimmen. Das Geld fließt ausschließlich an Jugendschutzorganisationen, zusammengefasst in der Dachorganisation eNASCO, die die Internetsperren ausdrücklich befürworten. Dabei erhält ein Opferschutzverein wie der deutsche MOGiS, der die Pläne kritisch sieht, keine Unterstützung.
Grund, besorgt zu sein, gibt es genug. Die Organisationen plädieren in ihrem eNASCO-Manifest dafür, eine möglichst ausführliche Liste von Seiten mit kinderpornographischen Material anzulegen. Diese soll Filteranbietern und Firmen mit "materiellem Interesse" zur Verfügung gestellt werden. Christian Bahls, der offizielle Sprecher von MOGiS, erklärt, die Seiten "gehören gelöscht und nicht in Form von gelben Seiten zusammengefasst und an jeden verteilt, der ein 'materielles Interesse' daran nachweisen kann!". Wie sich immer wieder zeigt, sind auch "geheime" Dokumente nicht sicher vor Weiterverbreitung. Und welches Szenario wäre zynischer, als dass die Liste zu Kinderporno-Konsumenten durchdringt und sie mit Hilfe der oben genannten Umgangsmöglichkeiten alle Seiten zielsicher ansurfen können.
Eine grandiose Idee aus den Reihen der EU-Politiker soll bereits umgesetzt werden: die Altersgrenze der EU für Kinderpornographie steigt von 14 auf 18 Jahre. Schön, dass wir uns der USA annähern, die inzwischen Jugendliche als sex offenders (Sexualstraftäter) registriert, die ihre ersten gegenseitigen sexuellen Erkundungen vornehmen und von "wohlmeinenden" Familienmitgliedern der Polizei gemeldet wurden. So weit wird es mit dieser Änderung nicht kommen, aber was passiert mit zwei Jugendlichen, die es für eine gute Idee erachten, sich beim Sex zu filmen? Was passiert gar, wenn eine/r von ihnen älter ist als 18 und von der Familie angezeigt wird?

Dies ist nicht alles, was man zu dem Thema sagen kann, aber zeigt auf, warum ich der häufigen Äußerung, die Maßnahmen dienten ausschließlich dem "Kampf gegen Kinderpornographie", keinen Glauben schenke (Grüße an England, Australien, Italien).
Unter diesem Gesichtspunkt ist es sehr unerfreulich, dass nun auf EU-Ebene Netzsperren durchgesetzt werden sollen, gerade als erreicht wurde, dass das deutsche Gesetz nicht angewendet wird, obwohl man es in einer politischen Farce beschlossen hatte. Statt dessen gibt es klare Anweisungen, die Seiten zu löschen und Angebote, die sich auf ausländischen Servern befinden, an die entsprechenden Behörden zu melden.

Und wenn noch einmal jemand glaubt, mir diesen Spruch unter die Nase reiben zu müssen: "Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein", verweise ich diese Person auf die unsägliche Impressumspflicht für fast jede Internetseite, die einen zwingt, seine persönlichen Daten an jede harmlose, unkommerzielle Seite zu hängen. Ich verweise auf die Massenabmahnungen, die in Deutschland und dem deutschen Netz gerade erstklassig die Meinungsfreiheit gefährden. Ich weise darauf hin, dass man sich, wenn man eine mehrsprachige Seite betreibt, sogar vor Gerichten in mehreren Staaten wiederfinden kann.
Besonders Politiker sollten solcherlei Polemik nicht in den Mund nehmen, wenn sie ernstzunehmende Volksvertreter darstellen möchten. Genau, Herr de Mezière.


Quellen:
1 BR-online: Kampf gegen Kinderpornografie - Netzsperren und Internetstreife
2 FAZ: EU-Kommissarin Malmström über Netzsperren
3 taz: "Keine No-go-Area im Internet"
4 Spiegel online: Warum der Sperren-Streit Zeitverschwendung ist
5 Interview mit Andreas Maurer (1&1) zum Thema Internetsperre (Video)
6 Die Presse: EU zahlt 300.000 Euro für Pro-Netzsperren-Lobbying
7 Computerworld: Lone IT industry voice speaks out against EU Web filter plan
8 Heise: Sperrlisten "so umfangreich wie möglich"

Zweisatz

Dienstag, 4. Mai 2010

01 Zitat der Woche 18

I stopped going to church a long time ago. And my philosophy, on the topic of responding to sexists on my personal blog, is not so much, “if a man strike you, turn the other cheek” as it is, “if a man strike you, knock the fucker unconscious, break into his house, and sell all his shit on eBay before you burn his place to the ground.”

[Vor langer Zeit habe ich aufgehört zur Kirche zu gehen. Und meine Philosophie, wenn es um darum geht, Sexisten auf meinem Blog zu antworten, ist weniger: "Wenn jemand dich schlägt, halte ihm die andere Wange hin.", sondern mehr "Wenn jemand dich schlägt, schlag das Arschloch bewusstlos, brich in sein Haus ein und verkaufe all seine Sachen auf eBay, bevor du sein Haus abbrennst.]
Sady Doyle in Tiger Beatdown

Sonntag, 2. Mai 2010

Usbekistan: Sterilisationen ohne Einwilligung, um Bevölkerungswachstum einzudämmen

Gulbahor Zavidovas* (28) Kind verstarb kurz nach der Geburt. Als die Frau eines armen Bauern ihren Gynäkologen aufsucht, da sie nach mehrmonatigen Versuchen noch nicht schwanger ist, teilt dieser ihr mit, dass sie sterilistiert wurde. Direkt nach der Geburt wurde der Eingriff gegen ihren Willen durchgeführt. Als ihr Mann davon erfährt, verlässt er sie.

Laut Menschenrechtsgruppen ereilte zehntausende junge Frauen in Usbekistan ein ähnliches Schicksal.
Präsident Islam Karimov, der seit 20 Jahren im Amt ist, hatte die Maßnahme 2003 befohlen, um die Bevölkerungszahl zu kontrollieren. Das zentralasiatische Land ist am dichtesten besiedelt unter seinen Nachbarn.
Aufgrund massiver Proteste wurde das Programm nach 2 Jahren abgebrochen, jedoch im Februar 2010 als "effektive Verhütungsmethode" wiederbelebt. Zur Zielgruppe gehören vor allem Bewohnerinnen ländlicher Regionen, die bereits zwei oder mehr Kinder haben.
Inzwischen unterliegen Doktoren der Pflicht, mindestens zwei Sterilisationen pro Monat durchzuführen. Bei Zuwiderhandlung drohen Repressalien und Geldstrafen.
Menschenrechtsaktivisten berichten, dass Mediziner aus der Hauptstadt Taschkent in ländliche Gebiete gesandt werden, um Frauen von der Prozedur zu überzeugen. Dabei betonen sie die Vorteile und spielen die Risiken herunter. Einige werden durch Täuschung dazu bewegt, in fatale Operationen einzuwilligen.

Auf dringendes Anraten medizinischen Personals begibt auch Hidojat Muminova*, eine 26-jährige Baumwollpflückerin, sich zu einer Vorsorgeuntersuchung. Dort diagnostiziert ihr Arzt eine Zyste im Eileiter, deretwegen sie sich umgehend einer Operation unterziehen solle. Nach dem Eingriff teilen ihr die Ärzte mit, dass sie eine Sterilisation durchgeführt haben.
Eine andere Methode -das Drängen auf einen Kaiserschnitt, um unmittelbar im Anschluss operieren zu können- ist inzwischen soweit bekannt, dass Frauen aus Vorsicht Hausgeburten in Betracht ziehen.

Die Regierung negiert derweil jegliche Eingriffe, die ohne das Einverständnis der Patientinnen durchgeführt würden.

Seit Karimovs Amtsantritt ist die Geburtenrate von 4,4 auf 2,5 gesunken.


*Einige Namen des Quellartikels wurden geändert.

Quellen:
1 Tashkent launches sterilisation campaign against women to stem population growth
2 Doctors sterilise Uzbek women by stealth

Zweisatz

Samstag, 1. Mai 2010

Einführung

Dieser Blog wird sich mit vorurteilsbedingten Einstellungen gegenüber anderen Menschen (aufgrund des Geschlechts, der Herkunft, des Aussehens, ...) beschäftigen, die in der Öffentlichkeit kursieren, aber im deutschsprachigen Netz wenig diskutiert werden.
Wir, das heißt Zweisatz und manati, können an dieser Stelle nicht den gesamten Inhalt erfassen, allerdings werden wir uns vorrangig mit Themen rund um den Feminismus auseinandersetzen. Feminismus, der wenig mit dem zu tun hat, was man heute in der EMMA lesen kann. Denn die Bedeutung des Wortes impliziert nicht "hasst die Männer", sondern "gleiche Chancen für Männer und Frauen". Daraus folgt, dass auch Männer nicht in Bereichen benachteiligt werden dürfen, die als Frauendomäne gelten. Unsere Einstellung dazu wird etwa in einer Seite wie Heartless Bitches International gespiegelt.
Verwandte Themen sind Sexismus, was als Behandlung von aktuellen Artikeln einfließen wird, politisch korrekte Sprache, aber auch Rassismus. Des Weiteren werden Beiträge erscheinen, die mit dem oben Genannten auf den ersten Blick nicht verschränkt sind, darunter Politik und Ökologie. Wir setzen unserer Themenauswahl diesbezüglich keine Grenzen.

Am besten lässt sich der Blog aber charakterisieren, indem wir beginnen, ihn mit Beiträgen zu füllen. Daher schließe ich an dieser Stelle.

Auf rege Diskussionen freuen wir uns, Polemiker werden nicht geduldet.


PS: Wir sind begeistert von eloquenter Sprache und ironischem Ton mit einer Brise Sarkasmus. In den Beiträgen werden wir uns damit nicht zurückhalten.

Zweisatz

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